Stellungnahme zur Kies-Resolution

Für regionale und klimafreundliche Rohstoffsicherung


Die Mitglieder des Weseler Kreistags haben in ihrer Sitzung am Donnerstag, 9. Juni 2022, einstimmig eine Resolution zum Abbau von Sand und Kies im Kreis Wesel nach beschlossen. Um mehr Transparenz rund um das Thema zu schaffen und als Grundlage für einen sachlichen Dialog hat die Initiative zukunft niederrhein dazu am 25.6.2022 in einem offenen Brief an den Kreistag Stellung bezogen. Hier gibt es ergänzende Informationen dazu:


Flora und Fauna


In der Resolution wird behauptet, dass die Sand- und Kiesgewinnung „nicht absehbare Auswirkungen auf Flora und Fauna“ habe. Langjährige Erfahrungen und Studien zeigen dagegen, dass auf den Gewinnungsflächen die Biodiversität steigt. Bereits während des laufenden Betriebes siedeln sich dort häufig seltene Tier- und Pflanzenarten an. Deshalb werden Sand- und Kiesgewinnungsgebiete auch offiziell ökologisch höher bewertet (Ökopunkte) als reine Ackerflächen. Der NABU Deutschland erklärt: „Auch zum Insektenschutz können die dadurch entstehenden vielfältigen, nährstoffarmen und pestizidfreien Lebensräume maßgeblich beitragen.“ Der Naturschutzbund bestätigt zudem, dass „die biologische Vielfalt erst durch den Eingriff selbst entsteht“ und „in den vergangenen zehn Jahren über 3.000 Hektar ehemaliger Gewinnungsflächen für überwiegend naturnahe Nachnutzungen zur Verfügung gestellt werden“ konnten.
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Trink- und Grundwasser


In der Resolution steht auch, dass Sand- und Kiesgewinnung negative Auswirkungen auf das Grund- und Trinkwasser habe. Belege werden dazu aber nicht aufgeführt. Es gibt dagegen mehrere wissenschaftliche Studien der letzten Jahre, die ergeben haben, dass die Rohstoffgewinnung keinen nennenswerten Einfluss auf das Grundwasser hat (Studie „Wechselwirkungen zwischen Baggerseen und Grundwasser“ 2001 / Studie „Wechselwirkungen zwischen Baggerseen und Grundwasser am Beispiel von Nassabgrabungen in der Niederrheinischen Bucht“ 2017). Regelmäßige Wasser-Untersuchungen der Umweltbehörden belegen außerdem, dass das Grundwasser in den niederrheinischen Baggerseen nahezu Trinkwasserqualität besitzt. Von einer Wasserknappheit kann in der Region auch keine Rede sein. In Duisburg-Baerl werden beispielsweise jährlich rund 1 Milliarde Liter (!) Trinkwasser ungenutzt in den Rhein gepumpt. Mehr zum Thema


Landwirtschaft und Ernährung


Die Kreistagsresolution sagt aus, die Rohstoffentnahme würde „der Landwirtschaft ihre Existenz“ und „die Grundlage zur Ernährungssicherheit“ entziehen. Das ist so nicht richtig. Landwirtschaftliche Nutzfläche geht in NRW vor allem durch naturschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahmen verloren. Innerhalb von drei Jahren sind landesweit rund 17.000 Hektar Gehölzflächen (bei denen es sich fast immer um Ausgleichsflächen für eine Bebauung an anderer Stelle handelt) entstanden und zeitgleich nur 630 Hektar Wasserfläche. Für die Bereitstellung von Ackerflächen zur Rohstoffgewinnung erhalten Eigentümer zudem meistens neue, zusätzliche Nutzflächen. Am Niederrhein gibt es für die meisten Feldfrüchte auch eine Überproduktion. So liegt der Selbstversorgungsgrad im Rheinland für Kartoffeln bei 230 %, für Eisberg- und Kopfsalat bei 226 % und für Brotgetreide bei 103 % (Quelle: LZ Rheinland). Auf über einem Fünftel der landwirtschaftlichen Fläche (über 2,5 Millionen Hektar) werden aktuell in Deutschland außerdem keine Pflanzen, die der Ernährung dienen, angebaut, sondern Energie- und Industriepflanzen. Mehr dazu


Neue Planwirtschaft?


In der Resolution wird eine Absenkung „der zulässigen Abbaumenge“ von Sand und Kies „bis auf einen Sockel von 50 %“ in den kommenden 20 Jahren gefordert. Wie will man das mit den politischen Forderungen nach mehr Wohnungsbau, Ausbau der Windenergie, sowie Sanierung und Erneuerung von Straßen und Brücken in NRW vereinbaren? Eine aktuelle Rohstoffstudie (April 2022) des Deutschen Institutes für Wirtschaftsforschung geht davon aus, dass die Nachfrage nach primären Steine-Erden-Rohstoffen bei wirtschaftlichem Wachstum zukünftig eher ansteigt und die aktuelle Substitutionsquote (durch Sekundärrohstoffe) von rund 15% gehalten oder nur moderat gesteigert werden kann (Hier geht es zur Studie). Wird dann ab Mitte des Jahres nicht mehr gebaut, weil die planwirtschaftlich festgelegten Gewinnungsmengen erreicht sind?


Im Falle dieser künstlichen Verknappung müssten benötigte Rohstoffe über weite Strecken, auch aus dem Ausland, sofern verfügbar, teurer und klimaschädlicher zu uns transportiert werden. Außerdem würde eine neue Abhängigkeit von externen Lieferanten, auch aus dem Ausland, geschaffen. Im übrigen heißt es zu Beginn der Resolution, dass die Rohstoffgewinnung "auf die konkreten Bedarfe in NRW abzustellen" sei. Was ist denn, wenn die Bedarfe in NRW deutlich über dem Planwirtschafts-Soll liegen?


Neue Steuer auf regionale Rohstoffe?


Der Kreistag fordert in seiner Resolution „die Einführung eines Kies-Euros, um die verursachten Schäden an Natur und Umwelt auszugleichen“. Die Frage ist: Welche Schäden denn? Sand- und Kiesgewinnungsflächen werden schon jetzt durch die Unternehmen aufgrund der gesetzlichen und behördlichen Vorgaben und Auflagen auf eigene Kosten renaturiert. Eine zusätzliche Kies-Steuer würde aber regionale Rohstoffe für private Verbraucher, Kommunen und alle Steuerzahler teurer machen. Eine Studie des Institutes der Deutschen Wirtschaft kommt zu dem Schluss, dass eine Primärbaustoffsteuer dazu führen kann, „dass es für Produzenten günstiger ist, Neumaterial aus dem Ausland zu importieren“. Damit würde das Gegenteil von einer umwelt- und ressourcenfreundlichen Gewinnung mit ortsnaher Versorgung erreicht. Laut Studie zeigen die Erfahrungen aus dem Ausland, dass eine Primärbaustoffsteuer „nur bedingt zielführend“ ist.
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Realistisches Recyclingpotential


Dass der Einsatz von Recycling-Baustoffen verstärkt werden muss, wie es in der Resolution gefordert wird, steht außer Frage und hat auch die volle Unterstützung unserer Sand- und Kiesunternehmen. Dass man damit aber das geforderte „geringere Angebot an Primär-Rohstoffen“ schon bald ausgleichen kann, ist unrealistisch. Bestenfalls könnten hier in weiter Zukunft 20 - 25 % des Materials ersetzt werden, denn auch das Ausgangsmaterial für Recyclingbaustoffe steht nicht unendlich zur Verfügung. Die DIW-Studie (s.o.) geht sogar von einer „Angebotsverknappungen am Sekundärrohstoffmarkt“ aus. Eine Versorgungslücke wäre also vorprogrammiert. Das bestätigt auch eine vom NABU in Auftrag gegebene Studie zur Kreislaufwirtschaft in Deutschland. Sie prognostiziert einen Recycling-Anteil bei Beton im Jahr 2050 von gerade mal 12 %. Mehr dazu

Faktenchecks zu Sand+Kies-Themen:

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